Ronen Kadushin

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Ronen Kadushin ist ein israelischer Industriedesigner mit Lebensmittelpunkt in Berlin. Seit 2004 beschäftigt sich Kadushin mit dem Prinzip Open Design. Im Herbst 2012 habe ich ihn in der Fehrbellinerstraße besucht und für das Booklet “Open Design – Wirtschaften mit freien Produkten” interviewt.

Du bist der Namensgeber von Open Design. Was war die Motivation, einen neuen Namen für Design zu finden?
Um 2000 habe ich meinen Berufstand betrachtet und war desillusioniert und enttäuscht über die, mir offen stehenden Möglichkeiten, Designprodukte zu schaffen. Immer gab es ProduzentInnen, die mich kontrollierten. Ich habe also überlegt, wie ich es auf globale und netzbasierte Weise schaffen könnte, ein unabhängiger Designer zu werden. Open Design ist eigentlich nur eine kleine Verbindung zwischen dem Internet und einer Produktion mit einer offenen Philosophie.
Zuerst war es eine akademische Arbeit, doch seit 2004 versuche ich, daraus ein Geschäftsmodell zu machen.

Was hat sich seitdem verändert?
Viele heute alltägliche Dinge gab es damals nicht: YouTube, Facebook, Twitter. Wir hatten damals noch nicht die Werkzeuge für Selbstorganisation in einem vernetzten Ausmaß. Die größte Veränderung war, es zu einem sozialen Netzwerk zu werden.

Du hast Open Design ursprünglich auf die Weitergabe von CAD-Daten bezogen. Immer öfters beinhaltet die Definition nun aber auch Bauanleitungen oder Baupläne. Findest du das in Ordnung?
Ich habe den Namen mit Absicht allgemein gehalten. Solange jemand einen offenen Zugang vertritt, ist es vollkommen in Ordnung, Bauanleitungen oder kollaborative Entwicklung in den Begriff zu integrieren. Wenn Informationen, Entwicklungen oder Kreativität als ursprünglicher Bestandteil im Internet zirkulieren soll, müssen sie auf irgendeine Art offen sein. Wenn man jemandem eine Datei schickt, findet Kreativität nur zwischen A und B statt. Stellt man die gleiche Datei hingegen frei zugänglich in ein Netzwerk, verbreitet sich Kreativität viel einfacher und man erhält viel schneller bessere Resultate.

Die Maker-Bewegung zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass viele junge Leute dein Bedürfnis nach Unabhängigkeit teilen und digitale und reale Welt dafür miteinander verschmelzen. Wie beobachtest du diese Entwicklung?
Junge Leute sind viel besser vernetzt. Wenn man mit dem Internet aufgewachsen ist, ist es recht einfach, nachzuvollziehen, was freier Zugang bedeutet und wie er uns zu Gute kommen kann. Maker kreieren mit viel Energie authentische Dinge und bringen anderen Leuten bei, was und wie sie diese Dinge machen. Sie repräsentieren die offene Seite von Design auf eine Art und Weise, die viel aufgeschlossener ist, als viele Designstudierende es sind. Studierende werden ausgebildet, um sich in den Prozess der Massenproduktion einzufügen, aber nicht um freie und unabhängige DenkerInnen zu sein. Im besten Fall wird ihnen beigebracht, wie sie UnternehmerInnen werden. Die Universitäten stehen der Öffnung von Prozessen noch sehr skeptisch gegenüber. Vielleicht sind sie der Meinung, dass es neu und interessant ist, aber nichts, was man ernst nehmen muss. Gegenwärtig findet die Revolution durch die Produkte der Maker statt. Das sind schlechte Neuigkeiten für DesignerInnen, denn sie hätten die tragende Rolle dieser Entwicklung einnehmen sollen.

Richard Stallman hat erklärt, dass freie Software auf der Idee der „freien Rede“ beruht und nichts mit „Freibier“ zu tun hat. Gibt es dieses Missverständnis vielleicht noch im Open Design und könnte es der Grund sein, warum einige Leute es noch nicht ernst nehmen?
Ja, viele Leute denken, dass freie und offene Produkte nichts wert oder qualitativ minderwertig sind. Die größte Sorge ist immer noch: „Wie kann ich damit Geld verdienen?“

Es ist ja auch wichtig für Arbeit entlohnt zu werden, oder denkst du da anders?
Natürlich, wir leben ja noch immer in einer kapitalistischen Welt.
Ich verdiene Geld mit verschiedenen Projekten rund um Open Design. Ich unterrichte, rede darüber, arbeite als Berater und verkaufe die Produkte.
Aber um Geld zu verdienen, habe ich eine ganz konkrete Empfehlung: triff die richtigen Leute. Ich sage nicht, dass das einfach ist, doch wenn dein Produkt qualitativ hochwertig, gut durchdacht und frei zugänglich ist, kannst du es in einem Netzwerk präsentieren. Leute, die gute UnternehmerInnen sind, werden dich kontaktieren oder du kannst selbst nach ihnen fragen. Das gleiche gilt für Marketing, Public Relations und so weiter. Schritt für Schritt baust du ein Netzwerk an Leuten auf, die dich dabei unterstützen, Geld zu verdienen, und die selbst dabei Geld verdienen.

Viele DesignerInnen haben die Befürchtung, dass andere ihr Design stehlen könnten. Hast du diese Angst nicht?
Ich will ja, dass Leute meine Ideen so oft wie möglich kopieren. Deshalb sind die Entwürfe frei zugänglich. Ich verwende eine non commercial CC Lizenz. Wenn ein Unternehmen mit einer meiner Ideen Geld verdienen möchte, kann es mich kontaktieren und wir treffen eine Vereinbarung.
Die Realität ist doch, dass Entwürfe kopiert werden, egal ob sie offen oder geschützt sind. Es kostet sehr viel Geld, Zeit und Energie das eigene Design zu schützen. Sollte jemand meine Ideen klauen und zu Geld machen, würde ich es öffentlich machen. Ein Unternehmen würde eine solche Publicity allerdings nicht gerne haben wollen.

Wird also in einer vernetzten Kultur der Ruf immer wichtiger?
In einer vernetzten Kultur ist der gute Ruf tatsächlich das einzige, woran andere erkennen können, wer man ist und was man macht. Das ist wichtiger als Geld oder ein schickes Büro. Und das Netzwerk merkt sehr schnell, ob jemand nur imitiert, oder ob etwas kommerziell oder authentisch ist.

Ist Open Design ein Trend, oder wird es in der Zukunft noch wichtiger werden?
Open Design ist die erste Bewegung, die eine klare Trennung zwischen Industriedesign und sich selbst zieht. Bezüglich Produktion und Konsumption im Design hat es komplett andere Standpunkte. Open Design reagiert auf Fragen bezüglich sozialer und ökonomischer Aspekte, Herstellung, Distribution und geistigem Eigentum. Junge Leute verstehen, dass sich die Welt verändert hat – nicht nur aufgrund der Krise, sondern auch, weil sie wissen, dass Selbstorganisation über das Internet möglich geworden ist. Sie können selbst maßgeblich sein, Entscheidungen treffen und Gesetze ändern. Transparenz und Inklusion sind grundlegend für alle Bewegungen, die auf dieser Art von Netzwerk aufbauen. Daher ist Open Design im Einklang mit heutigen Bewegungen und reif, bedeutungsvoller zu werden. 

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